Markus Grübel
In der Rechtswissenschaft und Medizin gibt es eine Erscheinung die "Lucidum Intervallum" oder "der lichte Moment" genannt wird. Einen solchen "lichten Moment" hatte die Ampel am 27. Februar 2022
mit der Verkündung der Zeitenwende durch Bundeskanzler Olaf Scholz. Das war es dann aber auch. Seit Februar 2022 hat sich für die Bundeswehr zu wenig getan.
Die großen Ankündigungen der Bundesregierung von damals wurden nur sehr unzureichend um-gesetzt: Eine ungeeignete Verteidigungsministerin blieb viel zu lang im Amt. Das ursprünglich erklärte
Ziel, ab sofort mehr als 2 Prozent des BIP und zusätzlich das Sondervermögen Bundeswehr für unsere Verteidigung einzusetzen, ist nie umgesetzt worden. Die Hoffnung, dass nach der Zeitenwende-Rede
schnell Material und Munition bestellt würde wurde enttäuscht. Andere Länder hatten schneller bestellt und Deutschland musste
sich hintenanstellen. Durch zu späte Nachbestellung nach Abgabe von Material an die Ukraine steht die Truppe heute schlechter da als vor dem Krieg. Die 1. Panzerdivision leidet beispielsweise
ganz besonders unter den Abgaben und ist bestenfalls bedingt einsatzbereit.
Das Wichtigste, eine echte Zeitenwende, die alle Bereiche umfasst, die Deutschland und die EU stark macht im Wettbewerb der Systeme und die Sicherheit und Wohlstand für die Zukunft garantiert,
ist völlig
ausgeblieben. Die Ampel-Regierung war und ist nicht in der Lage, sich auf Prioritäten zu einigen. Wie schon in den vergangenen Jahren ist auch für 2025 der Verteidigungsetat viel zu niedrig
angesetzt und steigt im Vergleich zum Vorjahr nur gering an. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 2025 einen Aufwuchs von 1,25 Milliarden Euro auf 53,25 Milliarden Euro.
In der Mittelfristigen Finanzplanung bleibt der Einzelplan 14 bis 2027 quasi eingefroren und entwickelt sich seitwärts. 2026 steigt er überhaupt nicht an und 2027 nur minimal. Neu ist der große
Sprung um 49,5 Prozent auf 80 Milliarden Euro ab dem Jahr 2028. Seriös wäre es, bereits früher den Verteidigungsetat ansteigen zu lassen. So ergibt sich eine strukturelle Unterfinanzierung.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte Anfang 2023 10 Milliarden Euro mehr pro Jahr gefordert, eine Plafond-Erhöhung, die
dringend nötig gewesen wäre. Auch über den geplanten Verteidigungshaushalt für 2025 hat der Verteidigungsminister seinen Unmut zum Ausdruck gebracht. Pistorius hatte 6,7 bis 7 Milliarden Euro
mehr gefordert, konnte sich aber wieder nicht durchsetzen.
Wie der Anstieg 2028 umgesetzt werden soll, überlässt die Ampel der Nachfolge-Regierung, da man in der Ampel davon ausgeht, dann sowieso nicht mehr in der Regierungsverantwortung zu stehen. Zur
Landes- und
Bündnisverteidigung, der ersten Aufgabe der Bundeswehr, wäre eine Vollausstattung aller Verbände mit Umlaufreserve und Ersatzteilen nötig. Außerdem wird Material benötigt für die
Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr und für die Ertüchtigung der Ukraine in dem Ausmaß, dass Russland zu Friedensverhandlungen gezwungen wird. Es ist in unserem Interesse, mehr in unsere Sicherheit
und Verteidigung zu investieren! Und es ist auch unsere Pflicht, sicherheitspolitisch mehr Verantwortung zu übernehmen, gerade in Europa. Die Maßnahmen der Ampel-Regierung genügen nicht.
Neben dem auskömmlichen Haushalt gibt es aber noch andere Baustellen. Die größte ist die Personallage. Leider soll der "Neue Wehrdienst" überwiegend auf Freiwilligkeit setzen und bezüglich der
Frauen keine Gleichberechtigung herstellen. Denn es ist dringend an der Zeit, die überkommenen Rollenbilder in Artikel 12a Grundgesetz zu ändern.