Christina Stumpp, Hermann Färber
Kostenloses gesundes Mittagessen für Kinder in Schulen und Kitas, mehr Nachhaltigkeit beim Verbrauch von Lebensmitteln und eine Tierwohlabgabe: Der Bundestag hat gestern erstmals über die
Empfehlungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“ beraten. Die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gremiums waren per Losverfahren ausgewählt worden. Seine Bilanz lässt sich durchaus sehen –
und doch fragt man sich ganz grundsätzlich, ob zusätzliche „Los-Nebengremien“ wirklich der richtige Weg sind.
Mit der Einsetzung des mehr als 3 Millionen Euro teuren Bürgerrates wurde vor allem eines deutlich: Das tiefe Misstrauen der Ampel gegenüber unserer repräsentativen Demokratie. Warum? Als
Abgeordnete beschäftigen wir uns demokratisch und verantwortungsbewusst mit allen gesellschaftlich relevanten Fragen – im engen Austausch mit Vereinen, Unternehmen, Kommunen sowie unseren
Bürgerinnen und Bürgern. Unser Wahlkreis ist unser Bürgerrat! Daher haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion das gesamte Verfahren mit Skepsis begleitet. Unsere Kritik gilt allerdings
ausschließlich dem Umgang der Ampel mit dem Parlament und nicht den Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit kreativen Ideen und mit Tatkraft eingebracht haben. Für ihr Engagement im Bürgerrat
gebührt ihnen unser ausdrücklicher Respekt und Dank.
Die Frage, wie wir den Zugang zu einer vielfältigen, ausgewogenen, nachhaltigen und bezahlbaren Ernährung für die gesamte Gesellschaft sicherstellen können, beschäftigt auch uns als Union
intensiv. Der Bürgerrat unterbreitet hierzu einige unterstützenswerte Vorschläge. Mit der Querschnittsempfehlung einer umfassenden Ernährungsbildung und dem Appell an die Eigenverantwortung der
Verbraucherinnen und Verbraucher greift er auch eine Grundposition unserer Fraktion auf, die der Bundesregierung allerdings vollkommen fremd ist.
Die Ampel übt sich in Verbots- und Bevormundungsfantasien, wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir unter anderem mit seinem unsäglichen Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz beweist – ein
Vorhaben, das jeglicher wissenschaftlicher Evidenz entbehrt und dabei auch noch völlig über das Ziel hinausschießt. Zu dieser Einschätzung ist auch der Bürgerrat gekommen. Hier ist es sogar auf
so viel Ablehnung gestoßen, dass sich das Gremium geweigert hat, das Werbeverbot überhaupt ernsthaft zu diskutieren. Völlig zu Recht! Denn wer 70 Prozent aller Lebensmittel pauschal für
gesundheitsgefährdend erklärt, dem geht es nicht um das Kindeswohl, sondern um nichts Geringeres als ein grünes Ernährungsdiktat. Die Bürgerinnen und Bürger haben diese Art der Politik,
spätestens seit der Heizungsdebatte, satt!
Auch beim Tierhaltungskennzeichnungsgesetz hält der Bürgerrat der Bundesregierung den Spiegel vor. Die Bürgerrätinnen und -räte haben dieses Gesetz klar als das erkannt, was es ist: Nichts weiter
als ein großer Etikettenschwindel! Völlig zurecht fordert der Bürgerrat deshalb ein Tierwohllabel, das diesen Namen auch verdient. Im Sinne der Verbrauchertransparenz hieße das insbesondere:
Abbildung des gesamten Lebenszyklus, Erfassung aller Fleischerzeugnisse – und zwar für sämtliche Tierarten –, Berücksichtigung aller Verkaufsstellen sowie Ausdehnung auch auf importierte
Ware.
Mit der Empfehlung einer verpflichtenden Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln für Lebensmittelgeschäfte ab 400 Quadratmetern greift der Bürgerrat ein weiteres wichtiges Thema auf. In
Deutschland landen mit 11 Millionen Tonnen zu viele Lebensmittel im Abfall, der Großteil davon in den Privathaushalten. Die Forderung einer Spendepflicht verkennt aber die Realität, denn der
Handel stellt genießbare Nahrungsmittel schon heute vielfach auf Spendenbasis zur Verfügung. Doch diese Spenden bergen Haftungsrisiken, die dringend abgebaut werden müssen. Dazu haben wir die
Ampel schon vor gut einem Jahr aufgefordert. Passiert ist mit Ankündigungsminister Özdemir nichts.
Doch vielleicht entfaltet der Bürgerrat tatsächlich eine Wirkung: Als eine sündhaft teure, aber lehrreiche Nachhilfestunde für die Ampel. Es reicht aber auch nicht aus, dem Bürgerrat jetzt zu
erklären, was alles nicht geht. Das würde der Sache nicht gerecht. Für uns Abgeordnete sind die Empfehlungen ein Arbeitsauftrag: Unsere Aufgabe ist es nun zu bewerten, wie die Empfehlungen
umgesetzt werden sollten. Keinesfalls dürfen die Empfehlungen des Bürgerrates das Schicksal des Abschlussberichts der Zukunftskommission Landwirtschaft erleiden und in irgendeiner Schublade
verschwinden.
Das Plenum hat die Empfehlungen des Bürgerrates an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen. Mit den Obleuten der Fraktionen werden wir darin erörtern, in welchen Formaten die
weitere Beratung am besten erfolgt.
# Video der Rede von Christina Stumpp