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Nationaler Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum ohne Aktion

Dr. Inge Gräßle

 

Am Freitag in dieser Woche berieten wir im Bundestag erstmals den "Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung für den Europäischen Forschungsraum". Der Vorschlag des Bundesforschungsministeriums für einen solchen Aktionsplan ist eine Enttäuschung für alle, die um die Kraft des gemeinsamen Europa, um die Chancen und um die Erwartung der Forschungspartner wissen. Der Vorlage des Ministeriums fehlt erkennbar und schmerzlich die Begeisterung für die Sache. Der Aktionsplan bleibt extrem vage, ist orientierungslos und planlos.

Nur eine einzige konkrete Maßnahme gibt es: Aus dem bisherigen "europapolitischen Gesprächskreis" wird das "Forum.EU". Es bleibt aber ein Geheimnis, mit welchen Mitteln etwas erreicht und wie das neue Gremium über das Bisherige hinaus wirken soll.

Eigentlich sollte die Bundesforschungsministerin das Sprachrohr der großen deutschen Forschungscommunity in Brüssel sein. Die Aufgabe ist, Synergien zu erzeugen und Mehrwert zu schaffen: Europäische, nationale und regionale Programme müssen so aufeinander abgestimmt werden, dass sie sich gegenseitig ergänzen und voranbringen.  Maßnahmen müssten auf nationaler Ebene heruntergebrochen und vorangetrieben werden. Stattdessen werden uns unverbindliche Prüfaufträge serviert - oder gar nichts.

Beim Thema Forschungsinfrastrukturen ist das Versagen besonders groß. Frau Stark-Watzinger kündigte lediglich eine "Priorisierung der Planung und Umsetzung" an. Die entscheidende Frage des Zeitplans ließ sie offen, dabei wartet alle Welt seit zwei Jahren auf den deutschen Beitrag. Die EU startet in wenigen Monaten ihren Roadmap-Prozess ESFRI für Großgeräte - und schließt ihn 2025 ab. Dafür hätte die Regierung schon längst den entsprechenden nationalen Prozess starten müssen. Stattdessen fehlen nationale Ausschreibungen, und somit können Organisationen ihre Projektvorhaben gar nicht einreichen. Die europäische Frist ist bereits jetzt nicht mehr zu schaffen.

Der Zugang zu Publikationsplattformen bleibt ebenfalls ungelöst -- dabei lebt die Wissenschaft davon! Die EU-Kommission lässt die "Open Research Europe" Plattform entwickeln. Sie steht ab 2026 bereit - sinnvollerweise auch für Projekte außerhalb der Forschungsrahmenprogramme. Statt dazu beizutragen, will die Bundesregierung dieses Vorhaben "verfolgen", "begrüßen" und "prüfen".

Wie ein unbeteiligter Grüß-Gott-August winkt die deutsche Bundesregierung vom Rand, statt der deutschen Forschungslandschaft im Zentrum Chancen freizuräumen. Genau das ist das Problem: Die Ampelkoalition brennt nicht für diese Meilensteine für unsere Forschungslandschaft, sondern steht unbeteiligt daneben. Sie verpflichtet sich zu nichts und fühlt sich zu nichts verpflichtet. Leidtragende sind die Forschungspartner in Deutschland.

 

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