Nina Warken
Die Ampel ist in puncto Wahlrecht mit großen Versprechungen angetreten. Von einem „großen Wurf“ war die Rede. Von einer klaren Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger, die man erfüllen
würde. Wie wir schlussendlich feststellen müssen, waren all das leere Worte.
Tatsächlich passt die Regierungsfraktionen das Wahlrecht so an, dass es nicht unserer Demokratie, sondern ihren Parteiinteressen dient. Von ihnen ist die überwiegende Mehrheit nicht direkt
gewählt. Da liegt natürlich nahe, wer bei einer Reform das einfachste Bauernopfer ist: die Direktkandidaten. Und wenn das zugleich den politischen Gegner schwächt – umso besser!
Die Union trifft das Ampel-Modell hart. Vor allem in Baden-Württemberg. Hier gewinnt die CDU traditionell besonders viele Direktmandate. Wir sind vor Ort bei den Menschen in den Wahlkreisen
stark. Das ist den anderen Parteien ein Dorn im Auge. Nun haben sie die Chance gewittert und das Wahlrecht zu ihren Gunsten gedreht.
Damit diskreditieren sie die Wähler, die sich in ihrem Wahlkreis mit den Kandidaten befassen, zu Podiumsdiskussion gehen, verschiedenen Positionen vergleichen und am Wahltag eine Entscheidung
treffen. Künftig kann es aber passieren, dass der gewählte Kandidat gar nicht in den Bundestag einzieht. Ob das der Fall ist, hängt nicht nur von seinem eigenen Ergebnis ab, sondern auch von dem
der Partei und dem in anderen Wahlkreisen. Es ist also völlig unvorhersehbar, wer am Ende ein Mandat bekommt. Das ist eine Irreführung und eine Täuschung des Wählers.
Unter dem neuen System werden besonders die hart umkämpften Wahlkreise leiden, die eigentlich gut sind für unsere Demokratie. Vor allem wird es die Städte treffen. Und es führt zu der
Möglichkeit, dass ein Wahlkreis verwaist. Also ohne irgendeinen Abgeordneten dasteht. Wie damit umgegangen werden soll, ist völlig unklar.
Wir als Union stehen zu den Wahlkreisen. Wir stehen zu den direkt gewählten Abgeordneten. Sie werden vor Ort nominiert und dort von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Ihnen gegenüber sind sie
auch verantwortlich. Und sie müssen sich – spätestens bei der nächsten Wahl – auch für ihr politisches Handeln rechtfertigen. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit den Menschen. Genau diese
Bürgernähe wollten wir als Union stärken. Wir wollten ein verständliches, transparentes und faires Wahlrecht.
Das neue Wahlrecht ist genau das Gegenteil. Es ist undemokratisch und führt in die Sackgasse der Verfassungswidrigkeit.