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Leopard-Lieferung richtig, aber zu spät!

Roderich Kiesewetter

 

Die Entscheidung für die Leopard-Lieferungen ist richtig - aber viel zu spät. Sie hätte spätestens in Ramstein kommen müssen. Dann wären der außenpolitische Schaden und der Vertrauensverlust, der durch das Zögern eindeutig aufgetreten ist, gar nicht erst entstanden! Selbst die letzte Chance, gemeinsame Führung und Entschlossenheit zu zeigen, hat der Bundeskanzler am Sonntag in Paris beim Jubiläum zum Élysée-Vertrag verstreichen lassen.
So bleibt leider das Bild eines isolierten Zauderers, der den Eindruck vermittelt, allein und nur auf massiven Druck hin zu reagieren. Leider mussten wieder einmal die USA Führung beweisen, eine verpasste europäische Chance, auch für das sich selbst die Führungsrolle fordernde Deutschland. In der Ukraine geht es um das Schicksal der regelbasierten Ordnung, das haben unsere Nachbarn und Alliierten längst verstanden, besonders unsere Partner und Freunde in Mittel- und Osteuropa.

Die Leopard Kampfpanzer sind militärstrategisch betrachtet ein wichtiger Baustein, um den eklatanten Nachteil der Ukrainer auf dem Schlachtfeld auszugleichen. Es geht also nicht um Aufrüstung, sondern zuvorderst um Stabilisierung der ukrainischen Truppen. Denn Russland hat den Winter genutzt, um die Mobilisierung und Ausbildung russischer Soldaten voranzubringen und sich um Munition- und Materialnachschub zu kümmern. Die Ukraine konnte ihre Materialverluste bislang kaum ausgleichen. Die Schützen- und Kampfpanzer, die Artillerie und die Munitionslieferung werden diesen eklatanten Nachteil deshalb zunächst ausgleichen. Neben hohen Materialverlusten insbesondere bei Panzern, gibt es kaum mehr Munition und Ersatzteile für die sowjetischen Modelle. Der Umstieg auf westliche Modelle und Logistikketten ist deshalb unumgänglich.

Kampfpanzer sind wesentlicher Bestandteil des Gefechts der verbunden Waffen. Ob den Ukrainer mit den Leopard-Kampfpanzern eine Wende auf dem Schlachtfeld gelingt, hängt von der Anzahl, der Lieferzeit und Kontinuität der Panzerlieferungen ab. In jedem Fall wird allerdings die Kampfkraft der Ukrainer durch die Schützen- und Kampfpanzer gesteigert. Westliche Modelle schützen die Soldaten wesentlich besser und steigern damit die Kampfmoral. Zudem sind sie technisch den sowjetischen Modellen weit überlegen. Raumgreifende Operationen können so wieder realistisch sein. Damit können größere Gebiete von russischer Besatzung befreit und Kriegsverbrechen verhindert werden. Bei einer Front von rund 1000 km Länge, was etwa der Distanz zwischen Kiel und Mailand entspricht, kommt es aber auf die Anzahl an. Die westlichen Schützenpanzer und Leoparden bieten zumindest mehr Schutz angesichts einer bevorstehenden Offensive Russlands, um bisheriges Gelände zumindest zu halten und abzusichern, bevor hoffentlich eigene Offensiven der Ukrainer möglich sind. Deshalb ist uns als Union die Freigabe der Leopard-Lieferungen und das Ende der Blockade von Scholz so wichtig. Die Entscheidung für die Leopard-Lieferungen ist richtig, sie kommt hoffentlich nicht zu spät.