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Vorsorge für Menschen mit Behinderung

Diana Stöcker

 

Am 28. Dezember 2021 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss dem Gesetzgeber aufgegeben, Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderungen für den Fall einer pandemiebedingt auftretenden Triage zu treffen. Beschwerdeführer in diesem Verfahren waren Menschen mit Behinderungen, deren Befürchtung es war, in einer Triage-Situation, also bei der Zuteilung überlebenswichtiger, nicht für alle zur Verfügung stehender intensivmedizinischer Behandlungsressourcen, aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt zu werden.


Wir erleben momentan Krieg in Europa und Terroranschläge auf wichtige Infrastrukturen. Menschen machen sich Sorgen über einen Black-out in Deutschland.
Würde das Bundesverfassungsgericht jetzt ein Urteil "zum Schutz behinderter Menschen für den Fall einer pandemiebedingt auftretenden Triage" fällen, käme deutlich klarer zum Ausdruck, dass der Auftrag an die Politik lautet: Treffen Sie umfassende Vorsorge für Menschen mit Behinderung.


Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber in seinem Urteil sogar explizit dazu aufgefordert, bei der Regelung grundsätzlich einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu nehmen. Der vorgelegte Gesetzesentwurf greift aber zu kurz. Der Entschließungsantrag der Unionsfraktion weist daher auf wichtige ungeklärte Fragestellungen hin. Einige Kritikpunkte hat die Ampel-Koalition letztlich aufgenommen, wie eine Meldepflicht bei vorgenommenen Triagen und eine grundsätzliche Evaluation für eine verbesserte Datenlage, um Transparenz, aber auch Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte, zu schaffen. Allerdings fehlt die Aufnahme behinderungsspezifischer Besonderheiten und Auswirkungen auf die komplexe ethische "Fragestellung der Triage" in die Aus- und Weiterbildung von medizinischen und pflegerischen Berufen.


Auch die Frage der Diskriminierung vor der eigentlichen Triage-Entscheidung, also die Triage vor der Triage, ist nicht im Entwurf enthalten. Menschen, die in Pflegeeinrichtungen oder besonderen Wohnformen leben, dürfen nicht ohne Betrachtung der einzelnen Person von einer Krankenhausaufnahme ausgeschlossen werden, um Betten im Krankenhaus freizuhalten. Angesichts des langen Bearbeitungszeitraums für das vorgelegte Gesetz hätten die Menschen mit Behinderung erwarten können, dass die Ampel-Koalition auch für diese existenzielle Situation eine klare eindeutige Vorsorge trifft, um Benachteiligung und Diskriminierung zu verhindern - so die Unionsfraktion es vorgeschlagen hat.

 

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