In dieser Woche haben Finnland und Schweden entschieden, der NATO beizutreten. Damit endet die lange Zeit der Neutralität beider Länder endgültig. Wirklich neutral waren sie schon lange nicht mehr, denn sie hatten sich Schritt für Schritt der militärischen Zusammenarbeit mit der NATO angenähert, beispielsweise bei gemeinsamen Übungen und Auslandseinsätzen. Zudem sind sie bereits als EU-Mitglieder zum gegenseitigen militärischen Beistand verpflichtet, dieser Aspekt wird leider in der öffentlichen Diskussion regelmäßig übersehen. Allerdings ist auch klar, dass es ohne den russischen Angriff auf die Ukraine vermutlich in beiden Ländern in absehbarer Zeit kaum zu einem Beitrittsgesuch gekommen wäre. Doch dieser Krieg hat die Sicherheitslage in Europa fundamental verändert. Erstmals seit dem 2. Weltkrieg wurde ein souveräner Staat von seinem Nachbarn überfallen. In Finnland und Schweden hat sich die Meinung der Öffentlichkeit und bei den politisch Verantwortlichen zu einem formalen NATO-Beitritt dadurch in einem rasanten Tempo verändert.
Der NATO-Beitritt bringt nicht nur den beiden skandinavischen Staaten mehr Sicherheit, auch die NATO und Deutschland profitieren. Nach dem Beitritt wäre fast der gesamte Ostsee-Raum NATO-Gebiet, was die Luftraum- und Seeüberwachung deutlich vereinfachen würde. Die schwedische Insel Gotland spielt dabei eine wichtige Rolle. Davon werden gerade die baltischen Staaten profitieren, die sich ganz besonders vom aktuellen russischen Expansionsstreben bedroht fühlen. Hinzu kommt, dass gerade Finnland die Möglichkeit hat, in kurzer Zeit eine sehr große Zahl an Reservisten zu mobilisieren. Die Norderweiterung der NATO wäre also für alle Mitglieder des Bündnisses ein Gewinn.
Zwar blockiert derzeit der türkische Präsident Erdogan den Beitrittsprozess aus reinem Machtkalkül, aber es bleibt zu hoffen, dass dieser Widerstand rasch überwunden werden kann. Denn von der Blockade profitiert alleine der russische Präsident. Bislang ist dessen Kalkül nicht aufgegangen, die westlichen Staaten im Zuge seines Krieges gegen die Ukraine zu spalten. Diese Einigkeit ist sicher eine der vielen Fehleinschätzungen von Präsident Putin.
Foto: NATO, https://www.nato.int/cps/en/natohq/photos_195474.htm