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"Wir brauchen ein Winterpaket"

Andreas Jung

Die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zukünftig für Gas und andere Brennstoffe nur noch in Rubel zahlen zu können, stellt einen Vertragsbruch dar. Es muss unbedingt bei der Sanktionierung der russischen Zentralbank bleiben. Eine Woche nach der eindrucksvollen Rede von Wolodymyr Selenskyj im Bundestag dürfen wir das auf keinen Fall selbst aufweichen, damit für Gas aus Russland der Rubel nach Moskau rollen kann. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit: Wir würden sonst unsere Solidarität mit der Ukraine konterkarieren. Deshalb braucht es dazu eine klare gemeinsame europäische Linie. Nach den öffentlichen Äußerungen von Olaf Scholz und Robert Habeck ist mein Eindruck: Sie sehen das genauso. 

Der Umbruch im Energiesektor muss schnell erfolgen. Die Grundlage dafür ist der Beschluss des Bundestages zu Klimaneutralität 2025. Dieser war von der Großen Koalition erstmalig beschlossen worden. Die Ampelkoalition hat ihn übernommen. Was schon immer unser Ziel war, gewinnt nun an nochmaliger Dringlichkeit: Wir müssen Energiesicherheit und Klimaschutz zusammenbringen. Unsere eigenen Vorschläge enthalten konkrete Ideen zu einem massiv beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien, zu Energieeffizienz und zu grünem Wasserstoff.
 
Die Bundesregierung muss neben einem Oster- und Sommerpaket unverzüglich auch ein Winterpaket auf den Weg bringen - ein umfassendes Vorsorgekonzept für den kommenden Winter. Darin müssen schon jetzt alle notwendigen Weichen gestellt werden, damit wir auch ohne russische Energie gut über den Winter kommen könnten. Die Bundesregierung hat versichert, bis einschließlich Herbst sei die Versorgung ohne Importe aus Russland bereits gewährleistet. 

Darauf  aufbauend müssen jetzt folgende Fragen beantwortet werden: Woher und wie können wir Alternativen zu Gas, Kohle und Öl aus Russland bekommen? Welche Maßnahmen zur Einsparung sind möglich und vertretbar? Welchen Beitrag könnte ein modifizierter Stilllegungspfad bei der Kohlekraft leisten und welchen ein Weiterbetrieb der drei verbliebenen Kernkraftwerke über das Jahresende hinaus? Welches sind die jeweiligen Möglichkeiten, Auswirkungen und Risiken? Das muss umfassend dargestellt werden und es müssen dann die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen werden - und zwar jetzt, im Herbst ist das zu spät. Wir brauchen ein strategisches Vorgehen: Was ist bis wann wodurch ersetzbar? Daraus müssen die konkreten Maßnahmen abgeleitet werden. 
 
Auf jeden Fall müssen mit Hochdruck zusätzliche Lieferungen aus anderen Ländern als Russland an Land gezogen werden - in enger Abstimmung mit den Energieunternehmen und mit den europäischen Partnern. Die Flüssiggas-Infrastruktur muss mit Turbo-Verfahren ausgebaut werden. Und es muss sicher gestellt werden, dass verfügbare Kapazitäten auch tatsächlich genutzt werden. Deshalb haben wir dem Gesetz zur verpflichtenden Befüllung der Gasspeicher in Deutschland zugestimmt. Denn in diesem Winter mussten wir erleben: Solange Gazprom Einfluss auf rund 20 Prozent der deutschen Gasspeicher hat, richtet es der Markt alleine eben nicht. Damit zeigen wir mit diesem Gesetz konkret, was unsere Fraktion bei der Sondersitzung des Bundestags vor vier Wochen generell signalisiert hat: Wo in dieser Krisensituation notwendige Entscheidungen getroffen werden müssen, sind wir zur Übernahme gemeinsamer Verantwortung bereit.

# Video der Rede von Andreas Jung