Gunther Krichbaum
    
    Die Konferenz zur Zukunft Europas soll neue Impulse für die Stärkung und Weiterentwicklung der europäischen Idee setzen. Dafür sind die rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger der EU
    eingeladen, konkrete Vorschläge einzubringen und miteinander zu diskutieren. Die mehrsprachige digitale Plattform https://futureu.europa.eu wurde extra hierfür neu geschaffen. Zudem finden
    europaweit zahlreiche Veranstaltungen statt. Es war überfällig, dass wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber diskutieren, in welcher Europäischen Union wir künftig leben wollen.
    Deshalb hätte die Konferenz auch eine breitere Öffentlichkeit verdient. Nun müssen möglichst viele der Ideen auch in die Tat umgesetzt werden. Anderenfalls würde sehr viel Enttäuschung
    zurückbleiben, und das wäre ein großer Fehler.
    
    Die Ideen können dazu beitragen, Europa zu einen. Und das ist essenziell: Wenn Europa auf Augenhöhe agieren will, muss es einig auftreten. Alles andere führt dazu, dass wir ausgespielt werden.
    Häufig wird die Einführung des Mehrheitsprinzips auch für die Außenpolitik als Allheilmittel hierfür angesehen. Ich bin da eher zurückhaltend, denn letztlich müssen alle 27 souveränen EU-Staaten
    diese Entscheidungen auch mittragen. Mehrheitsentscheidungen können auch Spannungen zwischen den Mitgliedern erhöhen. Deshalb sollten wir klug ausloten, in welchen Bereichen der Außenpolitik
    Mehrheitsentscheidungen zu mehr Handlungsfähigkeit führen können. Im Kern geht es für uns Europäer darum, ob und wie wir gegen die ständig wachsende Konkurrenz Chinas bestehen können. China
    unterdrückt nicht nur seine eigene Bevölkerung, es setzt seine internationalen Interessen oft mit brutaler Machtpolitik durch. Davon können viele Länder in Asien und Afrika ein Lied singen, die
    dank chinesischer „Hilfe“ hochverschuldet sind und ihre Infrastruktur an Peking verpfänden müssen. Und China beginnt auch, nach Europa zu greifen. Hier müssen wir sehr aufpassen.
    
    Ein Instrument zur Einigung der Europäerinnen und Europäer ist nach wie vor unsere gemeinsame Währung. Der Euro schafft Vertrauen. Dieses Vertrauen dürfen wir nicht durch eine Aussetzung des
    unter anderem von Helmut Kohl durchgesetzten Stabilitätspaktes verspielen. Gerhard Schröder und Jaques Chirac hatten gleich nach seiner Einführung gezeigt, dass Verstöße ohne echte Konsequenzen
    bleiben. Das war fatal. Wir müssen jetzt sehr hellhörig werden, wenn links-gelb überlegt, bestimmte Zukunftsinvestitionen von den Regeln des Stabilitätspakts auszunehmen. Das wäre tatsächlich
    sein Ende und hätte ganz sicher einen weiteren massiven Ausbau der Staatsverschuldung in der EU zur Folge. Das wäre ein schwerer Schlag gegen die Generationengerechtigkeit und steht damit der
    Weiterentwicklung der EU, wie sie die Zukunftskonferenz vorschlägt, diametral entgegen.
