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Wortbruch des Verkehrsministers

Thomas Bareiß


In der Verkehrspolitik haben wir in den letzten Jahren wichtige Weichen gestellt und den Ausbau unserer Infrastruktur weit vorangebracht. Es ist zu begrüßen, dass die Regierung an die in der vergangenen Legislaturperiode von uns sehr erfolgreich gestaltete Verkehrspolitik anknüpft. Dabei greift sie unsere Strategie einer zukunftsfähigen und klimaschonenden Verkehrspolitik zwar auf, entwickelt sie aber nur äußerst zurückhaltend weiter. Auf der Strecke bleibt nicht nur der Radverkehr. Hinzu kommt auch, dass die Überprüfung der Verkehrsprojekte des Bundesverkehrswegeplans der Planungsbeschleunigung und der Entbürokratisierung eher entgegensteht, als dass sie sie fördert. Neue Vorschläge zur Stärkung des Schienenverkehrs und des ÖPNV fehlen ebenso wie eine sozialpolitische Komponente und ein Gesamtkonzept für die bedarfsgerechte Mobilität in Stadt und Land. Eindeutige Aussagen zur Antriebsart für die Autos der Zukunft werden nicht getroffen und auch hinsichtlich der Klimaziele wird nicht klar, wie diese Ziele erreicht und finanziert werden sollen.


Während es ferner von Seiten der FDP immer hieß, dass es ein Ende von bestimmten Technologien wie dem Verbrennungsmotor nicht geben wird, hören wir vom Koalitionspartner diese Woche im Verkehrsausschuss, dass der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bereits entschieden ist. Bundesminister Wissing und die FDP verabschieden sich von den alternativen Kraftstoffen und vollziehen einen Kurswechsel. Das ist ein klarer Wortbruch zu dem, was bisher gesagt wurde! Von der immer viel gepriesenen Technologieoffenheit im Bereich der Mobilität ist damit nicht mehr viel übrig. Das schadet dem Automobilstandort Deutschland und das schadet dem Klimaschutz, denn auch die Bestandsflotte braucht eine CO2-freundliche Zukunft, sonst ist das hohe Klimaziel nicht zu schaffen. Deutschland ist eine der wichtigsten Industrienationen der Welt und muss es auch bleiben. Die 800.000 Beschäftigten im Automobilbereich brauchen weiterhin eine Regierung, auf die sie sich verlassen können.


Wir erwarten vom Bundesverkehrsminister ein klares Bekenntnis zu bezahlbarer und bedarfsgerechter Mobilität. Was wir dazu brauchen sind eine verantwortungsbewusste und verlässliche Verkehrspolitik, statt Aktionismus und Sofortprogramme wie sie schon der Bundeswirtschaftsminister zum Klimaschutz vorgelegt hat. Wir brauchen effektive Konzepte für eine bezahlbare und bedarfsgerechte Mobilität statt einzelfallbezogene und unübersichtliche Förderprogramme mit kurzer Laufzeit. Und es benötigt eine transparente und schnelle Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten zur nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Aktuell ist davon nicht viel zu sehen, im Gegenteil: Mit der von der Bundesregierung angekündigten Neupriorisierung werden bundesweit nahezu alle geplanten rund 1.000 Straßenbauprojekte, ca. 70 Schienenprojekte und 24 Wasserstraßenprojekte pauschal in Frage gestellt. Bundes- und Landesbehörden werden akut prüfen müssen, ob sich die weitere Planung des jeweiligen Einzelprojektes tatsächlich noch lohnt. Das ist das absolute Gegenteil von Planungsbeschleunigung. Es hat das Potential zu einem Vollstopp, der Jahre kosten kann. Für die Infrastrukturprojekte brauchen wir aber Kontinuität und Planungssicherheit!


Der Bundesverkehrsminister wird sich am Erfolg seiner Politik messen lassen müssen. Das heißt vor allem: Werden die Reduktionsziele für den CO2-Ausstoß bzw. die Dekarbonisierung des Verkehrssektors, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurden, eingehalten? Und: wird die Mobilität auch zukünftig für alle Menschen in Deutschland bezahlbar sein? Zum Start im Verkehrsministerium waren viele Ankündigungen, Wünsche und Versprechungen zu hören. In meinen Augen wenig Fortschritt für eine selbst ernannte Fortschrittskoalition.


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